Das Schweigen der Anderen

Zugegeben: Ich schweige manchmal auch laut. Ist nicht auch Reden Silber und Schweigen Gold? Vielen täte es gut, öfter einfach mal die Klappe zu halten. Doch das trifft ganz sicher nicht auf die Bundesregierung zu, die schlicht und ergreifend in der Verantwortung ist, uns Bürgern Rede und Antwort zu stehen.

Das Kabinett Merkel schweigt und kapituliert. Getreu dem Motto: Wer nichts sagt, sagt auch nichts Falsches. Dank der Enthüllungen von Edward Snowden wissen wir seit ein paar Wochen von der Globalüberwachung unserer Kommunikation, die sich die USA und England anmaßen.

Das Spiel ist aus. Nur Frau Merkel weigert sich starrsinnig, das einzusehen. Falls es nicht ohnehin längst zu spät ist, gibt es jetzt nur noch eine einzige Möglichkeit: Schonungslose Offenheit, rückhaltlose Aufklärung, auch was die Mitwisserschaft dieser und der vorherigen Bundesregierungen betrifft – und bedingungsloser, kraftvoller und nachhaltiger Protest bei unseren angeblich engsten Freunden und wichtigsten Verbündeten gegen diese unerträgliche Bespitzelung.

Stattdessen suhlen sich die Verantwortlichen in Schweigen oder sondern hohle Sprechblasen ab wie gerade eben Frau Merkel in der letzten Bundespressekonferenz vor der Sommerpause. Und man fragt sich, wie es dazu kommen kann, dass eine Frau wie Angela Merkel sich allen Ernstes einredet, sie könne die rund 250 Pressevertreter sowie die versammelte Öffentlichkeit nach wie vor in dieser Art und Weise für dumm verkaufen.

Und das gleiche gilt nebenbei für die gespielte Aufregung aller anderen Altparteien. Die „Vereinigte Stasi von Amerika“ existiert nicht erst seit gestern und auch nicht erst seit den Snowden’schen Enthüllungen. Bereits 1989(!) stellte ein bekanntes deutsches Nachrichtenmagazin ausführlich dar, wie es damals schon lief.

Nicht zu vergessen: Der Beauftragte der Bundesregierung für die Nachrichtendienste ist in der Regel zugleich einer der wichtigsten Vertrauten des jeweiligen Kanzlers oder der Kanzlerin – der Chef des Bundeskanzleramts.

Der mag heute Ronald Pofalla (CDU) heißen – von 1998 bis 2004 hieß er Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Wer dem totalen Überwachungsstaat eine Absage erteilen will, der hat am 22. September 2013 die Wahl. Für diesen Bundestag ist ein Update erhältlich!

 

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Welcome Mr. Snowden!

snowdenschild

Am vergangenen Samstag, dem 06.07.2013 haben wir Piraten in den Wartebereichen aller großen deutschen Flughäfen mit Willkommensschildern symbolisch auf Edward Snowden gewartet.

In Düsseldorf haben wir ihn ausrufen lassen und in der großen Wartehalle nach ihm gesucht. Mit dieser Solidaritätskundgebung machen wir auf das Schicksal von Edward Snowden aufmerksam, jenem Whistleblower, der den PRISM-Skandal aufgedeckt hat und nun seit dem 23. Juni im Transitbereich des Moskauer Flughafens festsitzt.

Düsseldorf-Ausruf

Von dort aus hat Snowden mittlerweile Asylanträge an 21 Länder gestellt – auch an Deutschland. Die deutschen Behörden haben seinen Antrag aus formellen Gründen zurückgewiesen.

Spätestens seit Bradley Manning ist bekannt, dass sich die amerikanische Strafverfolgung nicht an humanitäre Mindest-Standards hält. Edward Snowden hat bei Auslieferung an die USA wenigstens mit einem unfairen Prozess, schlimmstensfalls mit Folter und der Todesstrafe zu rechnen.

Wir fordern von der EU-Kommission, auf europäischer Ebene eine Möglichkeit für politisches Asyl und Schutz für Whistleblower zu schaffen. Menschen wie Edward Snowden, der die Weltbevölkerung über die Bespitzelung durch US-amerikanische und britische Geheimdienste aufgeklärt hat, sind ein wichtiges Korrektiv bei Fehlentwicklungen in einer Demokratie und müssen unbedingt vor Strafverfolgung geschützt werden.

Die NRW-Landtagsfraktion hatte den bekannten Whistleblower unlängst für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Denn durch seinen mutigen Einsatz ist jetzt gewiss, was wir immer schon geahnt haben: Die totale Überwachung ist keine abwegige  Verschwörungstheorie. Der schlüsselfertige Überwachungsstaat ist längst weltweite Wirklichkeit.

Snowden hat sein Rechtsempfinden über seine Lebensplanung und sein persönliches Wohlergehen gestellt. Er hat seine Familie und seine Freunde zurückgelassen – wahrscheinlich wird er sie nie wiedersehen. Er hat seinen Beruf aufgegeben und kann wohl nie wieder in seine Heimat zurück.

Die freie Meinungsäußerung ist zwar nach wie vor durch das Grundgesetz geschützt. Doch was ist sie noch wert, wenn allen bewusst ist, dass jede Form der Telekommunikation vom Staat gespeichert und ausgewertet wird? Wie viel bleibt dann übrig von der freien Meinungsäußerung, wenn jede Email in der Rasterfahndung landet, jedes Handy-Gespräch in der Spracherkennung? Was bleibt von der freien Presse, wenn kein Informant sich mehr trauen kann, Kontakt zu Journalisten aufzunehmen? Was bleibt von Freiheit und Demokratie?

Jetzt ist die Spitze des Eisbergs bekannt – weitere dramatische Enthüllungen stehen noch ins Haus. Nicht vergessen: Es wurden erst neun von insgesamt 41 Powerpoint-Folien veröffentlicht. Die restliche Präsentation war selbst verdienten Enthüllungs-Journalisten bislang zu heiß.

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Wir sagen schon jetzt: Danke und Welcome to Germany, Mr. Snowden!